Geschichte des Lichtwolf

Wie alles begann, fast endete und dann doch immer weiterging trotz Philosophie.

Am Anfang der „Zeitschrift trotz Philosophie“ standen weder Konzept noch Ziel. Dabei ist es ziemlich geblieben in all den Jahren: Jeder Aspekt des Lichtwolf ist einer ständigen, gemächlichen Veränderung unterworfen. Die organische Entwicklung des Lichtwolf ist nicht abgeschlossen – und so wird auch die Geschichte der „Zeitschrift trotz Philosophie“ immer weitergehen.

Die folgende Chronologie, die Erzählung eines Sommertagtraums, der grauenvolle und wunderschöne Realität wurde, soll einen kurzen Überblick über die bisherigen Entwicklungsstufen (Zeitalter) des Lichtwolf geben. (Ausführlicher behandelt im Jubiläumsbuch „Die erste Dekade„.)

 


Das Dunkle Zeitalter (2002-2004)

…heißt so, weil die Originalausgaben dieser Jahrgänge praktisch als verloren gelten dürfen. Damals erschien der Lichtwolf noch alle zwei Monate als zusammengehefteter Zetteltraum, dessen Kopiervorlage entgeltfrei von Hand zu Hand weitergereicht wurde (analoges Internet). Die Lichtwölfe dieser Zeit wurden seit 2005 in den Sonderausgaben „Das Dunkle Zeitalter Vol. I-III“ neu aufgelegt.

Leitwolf

Neben Heideggers Begriff für das Geschehen der Wahrheit mit namensgebend: Der erste Entwurf einer Broschüre der Fachschaft für Studienanfänger der Philosophie aus dem Frühjahr 2002.

 

Juli 2002: Die Fachschaft Philosophie der Uni Freiburg hatte ihren Sitz damals noch in einem uninahen Hinterhof. In diesem zugegebenermaßen ziemlich sperrmülligen Ambiente finden Timotheus Schneidegger und Rawulf von Sar auf Etz eines Tages eine etwa 50 Jahre alte Schreibmaschine (Olympia SG-1). Aber nicht nur die Technik aus den Tagen, als „Studieren“ noch nicht hieß, sich mit Schlüsselkompetenzen für den Einstieg in den flexiblen globalen Arbeitsmarkt abzurichten, hatte katalysierenden Charakter. In den alten Schränken fanden sich bündelweise Dokumente längst vergangener Zeiten: Protokolle geisteswissenschaftlicher Fachschaften aus den 60ern und 70ern, in denen jeder als „Genosse“ vermerkt wurde und es statt Arbeitskreisen Komitees gab – überdies uralte AStA-Hetzblätter und linke Kampfzeitungen.

 

Zugekokst mit dem Staub besserer Zeiten tippen die Herrschaften ohne weitere Absicht einige Texte und heften sie zu einer Zeitschrift zusammen, die Lichtwolf genannt wird und auf deren Deckblatt Wolfskopf und Schriftzug gemalt werden.

Der alte Fachschaftsraum Philosophie in Freiburg

In der Krippe des Lichtwolf: Der alte Fachschaftsraum Philosophie in Freiburg um 2002.

 

 

Juli 2003: Der erste Geburtstag. Inzwischen ist mit dr faustus auch ein richtiger Chefredakteur an Bord und es muss langsam nicht mehr Ausgabe und Ausgabe um Beiträge gebettelt werden. Ein Jahr oder sieben Ausgaben im Auftrag eines Niemanden. Ein Jahr oder sieben Ausgaben ohne genau zu wissen, was wir da eigentlich treiben. Ein Jahr oder sieben Ausgaben Spaß, Fleiß und intellektuelle Austoberei.

 

September 2003: Rawulf von Sar auf Etz verlässt aus persönlichen Gründen überstürzt Freiburg und bricht schließlich jeden Kontakt zum Lichtwolf ab. Der Lichtwolf hat diverse personelle Verluste verwinden müssen, doch keiner war so verheerend. 🙁

 

November 2003: Konstituierende Redaktionssitzung. Besprochen wird, was zum Teufel all das mit Philosophie zu tun hat. Eine Frage, die mit jeder neuen Ausgabe neu gestellt wird – denn Philosophie heißt sterben lernen (Montaigne) und immer wieder neu anzufangen (Heidegger).

Es wird beschlossen, den Lichtwolf ab der Nr. 10 vierteljährlich herauszugeben (bis dahin war alle zwei Monate eine Ausgabe erschienen). Es werden zudem Überlegungen angestellt, ob und wie sich der Lichtwolf im Internet realisieren ließe.

 

Heiligabend 2003: Mit www.lichtwolf.de geht die eigene Homepage des Lichtwolf online, die in den folgenden Jahren kontinuierlich ausgebaut wird. Mit seiner Homepage verlässt der Lichtwolf das Schneckenhäuschen, in dem er anderthalb Jahre lang herangereift war.

 

Im Vergleich zum Jahr 2004 war in den ersten beiden Jahrgängen gar nichts los. Man könnte meinen, damals wurde lediglich das Großereignis der Lichtwolf-Gründung über anderthalb Jahre gestreckt; und man läge damit wohl gar nicht so falsch. Der dritte Jahrgang aber brachte die Verpuppung mit sich:

 


Das Freiburger Zeitalter (2004-2007)

Unentmutigt vom bescheidenen Absatz des Sonderhefts „Von Besetzern, Hetzern und Schwätzern“ (Juni 2004) nimmt der Lichtwolf eine neue Gestalt an. Im Spätsommer 2004 wird es erstmals in seiner Geschichte fast schon programmatisch: Der Lichtwolf kommt in der Freiburger Realität an. Er richtet den Blick auf die hiesige Hochschulpolitik, erscheint fortan als Heft und gegen ein bescheidenes Entgelt von zwo Euro.

 

Juni 2004: In einer Sonderausgabe beschäftigt sich der Lichtwolf ausführlich mit der Besetzung der lokalen CDU-Parteizentrale während der Studentenproteste im Januar und mit der Streit darüber, der den Freiburger AStA zu spalten droht. Der Lichtwolf erscheint erstmals in dreistelliger Auflage und wird vor der Mensa verkauft. Die Resonanz ist so groß, dass Lichtwolf-Redakteur Corner Stone gar als Experte in eine Sendung zum Thema auf Radio Dreyeckland eingeladen wird.

 

Juli 2004: dr faustus bringt Lichtwolf Nr.12 heraus – den mit 12 Seiten bis dahin umfangreichsten. Innerhalb von zwei Ausgaben steigt der Seitenumfang einer Ausgabe auf 40 – die maximale Seitenzahl, die sich für 2 Euro (den damaligen Verkaufspreis eines Heftes) kopieren lässt.

 

September 2004: Weil man ja irgendwas mit seiner vorlesungsfreien Zeit anfangen muss, sinnt Schneidegger darüber nach, wie der Lichtwolf an bescheidene Erfolge wie den der Sonderausgabe 1/2004 anknüpfen kann. Das Konzept zum neuen Lichtwolf geht als „September-Offensive“ in die Geschichtsbücher ein und bringt den Lichtwolf in seiner heutigen (Vor)Form hervor.

 

Oktober 2004: Der Lichtwolf erhält mit Ausgabe Nr. 13 eine ISSN, eine Art Programm und erscheint fortan als „Zeitschrift trotz Philosophie“ im Broschürdruck mit dreistelliger Auflage, konsistenter Gestaltung durch Illustratorin Felisande und einem Verkaufspreis von bald 2,- Euro.

 

17. Juli 2005: Erste Lichtwolf-Lesung in der Freiburger Kneipe „KGB“ genau am dritten Geburtstag der Zeitschrift. Es werden Kontakte zu Freiburger Lesebühnen und Poetry Slams geknüpft, was Lichtwölfen weitere Lesungen und Auftritte verschafft.

Lichtwolf Nr.19

Originalauszug aus Lichtwolf Nr. 19, mit Olympia getippt und mit Buntstift illustriert; hier ein Artikel über den perfidesten Schwerkriminellen unter den Bäumen, den Eukalyptus. (Zum Vergrößern auf das Bild klicken.)

 

Anfang 2007: Im Jahrgang 2006 erreicht der Lichtwolf einen ersten inhaltlichen Höhepunkt, doch die Auflage stagniert weiterhin, während sich die Verluste in völlig unstudentische Tiefen hinabschrauben. Der Herausgeber kann nicht mehr, doch die Nachfolgesuche verläuft chaotisch bis gar nicht.

 

8. Juli 2007: Mit einer letzten Lichtwolf-Lesung im KGB tritt Timotheus Schneidegger nach fünf Jahren als Herausgeber ab und übergibt die Verantwortung an den Lichtwolf e.V.

 


Das Verlorene Zeitalter (2008)

Nun beginnt ein Zeitalter, das objektiv vergleichsweise kurz gerät, subjektiv aber eine namenlose Ewigkeit auszufüllen scheint: Ein zweites dunkles Zeitalter.

 

Januar 2008: Mit Lichtwolf Nr. 25 erscheint der erste Lichtwolf, der am Computer gestaltet wurde. Schweren Herzens verabschiedet die „Zeitschrift trotz Philosophie“ ihr altes Schreibross Olympia in den Ruhestand an der Nordseeküste.

Es ist die erste Ausgabe unter der Herausgeberschaft des Lichtwolf e.V.; es sollte zugleich die vorerst letzte werden. In der Folge wird es immer stiller um den Lichtwolf, der einem Geisterschiff gleich monatelang auf offener See treibt. Ihm droht das Schicksal unzähliger anderer studentisch begründeter Zeitschriften: Einfach aufgegeben zu werden und sang- wie klanglos unterzugehen.

 

Ende 2008: Mit reichlich Seefahrersymbolik im Gepäck beschließt Schneidegger, die alte Schaluppe Lichtwolf wieder flottzumachen. Das Comeback des Lichtwolf – künftig unter Verlagsdach – wird auf den Weg gebracht.

 


Das Neue Zeitalter (2009-2012)

Lichtwolf Nr.29

Originalauszug aus Lichtwolf Nr. 29, im neuen computerisierten Layout; hier ein Teil von Michael Helmings Portrait des Dichters Hanns Heinz Ewers. (Zum Vergrößern auf das Bild klicken.)

 

…alles wird gut: Bis 2004 erschien der Lichtwolf nur in Form von maschinengeschriebenen Handzetteln. Zwischen 2004 und 2008 wuchs er auf den billigen Plätzen der Uni Freiburg zu einem schöngeistigen Kampfblatt aus der Schreibmaschine heran. Seit 2009 ist der Lichtwolf als einzige Philosophiezeitschrift mit Biss im deutschsprachigen Raum etabliert.

 

März 2009: Der catware.net Verlag wird gegründet und bereitet sogleich das Wiedererscheinen des Lichtwolf vor.

 

Juni 2009: Zum kalendarischen Sommerbeginn kommt mit anderthalb Jahren Verspätung Lichtwolf Nr. 26 – die erste und einzige Ausgabe der Zeitschrift, in der Werbung vorkommt. Die Einnahmen indes sind sehr bescheiden. Doch ein weiterer Neuanfang ist gemacht.

 

März 2010: Das erste Jahr Lichtwolf unter Verlagsdach ist überstanden – und die Insolvenz fand doch noch immer nicht statt! Die Nussschale qualmt, ächzt und leckt auf hoher See und wird immer weiterschippern, solange noch mindestens die Mastspitze aus dem Ozean guckt und eine Handbreit zwischen Kiel und Grund bleibt.

 

August 2011: Der catware.net Verlag startet sein E-Book-Programm. Seither erscheint jeder Lichtwolf kurz nach der Printausgabe auch für Kindle und im epub-Format.

 


Die zwote Dekade (2012-…)

Zehn Jahre LichtwolfDer Prachtband mit dem Besten aus zehn Jahrgängen „Zeitschrift trotz Philosophie“ beschließt im Herbst 2012 die erste Dekade.

 

Juli 2012: Die Vorbereitungen für das zehnjährige Jubiläum laufen. Mit Lichtwolf Nr. 38 (Autobiographie) erscheint im Sommer die erste Ausgabe als DIN-A4-Paperback.

 

September 2012: Das Jubiläumsbuch „Die erste Dekade“ schließt eben diese mit Rückblick und Auslese aus den Jahrgängen 2002 bis 2012 auf 364 Seiten bzw. in einem Kilogramm Buch ab.

 

Oktober 2017: Da die für das selbstgestrickte CMS verwendete PHP-Version ausläuft, wird lichtwolf.de auf WordPress umgestellt. Die meisten Inhalte können in das neue System importiert werden.