Links der Woche, rechts der Welt 17/21

Gefühle und Gedanken

Natan Sznaider denkt in seinem Essay „Politik des Mitgefühls“ von Spinoza über Nietzsche bis Hannah Arendt über das Mitleiden als Zivilisationskern nach. Sein Buch wird in der FR besprochen. Liebe derweil wird gefährlich überschätzt und ist eine politische Sache – wofür Şeyda Kurt durchaus subjektiv in ihrem Buch argumentiert, das in der SZ vorgestellt wird.

Volker M. Heins hält offene Grenzen für eine notwendige Utopie und erklärt im SZ-Interview, warum die Bewegungsfreiheit Grundlage jeder Liberalität ist. Die FAZ seufzt über Botho Strauß, der einen Ernst-Jünger-Text frauenfeindlich aufgemotzt hat, froh dagegen vermeldet nämliche Zeitung die Reform der Buchstabiertafel. Außerdem wird ebd. die ironische Vergabe des Adorno-Preises an Klaus Theweleit kommentiert, weil der Autor nie einen Hehl aus seiner Geringschätzung der Frankfurter Schule machte.

Mit 94 Jahren hat Dieter Henrich das 20. Jahrhundert denkend mit Kant, Fichte und Hegel begleitet und gibt in einem Buch, das halb Gesprächsband, halb Autobiographie ist, seine Erkenntnisse weiter. Die FAZ staunt, was es da alles zu entdecken gibt. Hans Ulrich Gumbrecht empfiehlt in der NZZ nicht nur eingefleischten Latinistinnen, häufiger mal wieder Ovid zu lesen.

 

Frühling und KI

Thomas Metzinger hat in einer EU-Expertengruppe zum Thema KI-Ethik mitgewirkt und gibt im SZ-Interview einen Überblick über die moralischen Probleme, die Algorithmen und Automaten aufwerfen. Bei Spektrum wird der daraus entstandene Vorschlag der EU-Kommission zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz kommentiert. Über Kunst und KI unterhalten sich Hanno Rauterberg und Jürgen Wiebicke im Philosophischen Radio des WDR 5.

(Photo: JillWellington, pixabay.com, CC0)

Auch knifflig: eine Definition für Frühling. Was die mit Philosophie zu tun hat, erklärt Matthias Warkus in seiner Spektrum-Kolumne.

 

Mord und Totschlag

Winfried Dolderer schreibt bei Spektrum spannend über die Killersekte der Assassinen (Nizariten), die ihre Verfolgung in der islamischen Welt des Mittelalters mit Tyrannenmorden beantworteten. Die taz referiert einen Onlinevortrag von Aaron Tugendhaft über islamistischen Bildersturm als Kommunikationsform.

 

Gesellschaftsformen

In Deutschland kann man nicht über Klassen und Schichten reden, wie Jens Beckert im ZEIT-Interview erläutert: Vor allem in der Pandemie zeigt man sich hier blind für soziale Ungleichheit. Auch über Identitätspolitik lässt sich schlecht streiten, wie Nele Pollatschek in der ZEIT beklagt und sich die dafür verantwortlichen strategischen Kommunikationsmuster aller Beteiligten genauer ansieht. Ob und wie die soziale Ungleichheit nach der Pandemie bekämpft werden kann ist das Thema von Thomas Pikettys bei Spektrum rezensierten Buch.

Die taz findet den von Christian Baron und Maria Barankow herausgegebenen Sammelband „Klasse und Kampf “ über prekäre Herkünfte etwas zu sehr fürs bürgerliche Feuilleton geschrieben.

Eltern haben es schwer? Judith Neschma Klein schreibt im Freitag gegen das auch gesetzgeberisch fundierte Stigma der Kinderlosigkeit an, indem sie daran erinnert, welchen gesellschaftlichen Beitrag man leisten kann, auch ohne sich fortzupflanzen.

 

Berichte aus der Akademie

Auch die taz sieht sich ausführlich um, was das dritte Onlinesemester in Folge für die Studis bedeutet, die isoliert und unterfinanziert im Homeoffice abwarten müssen.

In den 1980ern wurden die Wissenschaften politisch: Der Freitag stellt ein Buch über die Formen der „Gegenforschung“ vor, die die Neuen Sozialen Bewegungen hervorbrachten – und was daraus wurde. Mit Wissenschaftsfeindlichkeit als gefährliches Bindeglied von Pseudomedizin, Neurechten und Impfgegnern beschäftigt sich Natalie Grams in ihrer Spektrum-Kolumne.

Geert Keil und Romy Jaster haben den Band „Nachdenken über Corona“ herausgegeben, der Siegertexte eines GAP-Wettbewerbs versammelt und bei Spektrum rezensiert wird. Peter von Becker geht in seinem launigen Tagesspiegel-Kommentar davon aus, dass die Maske nach der Pandemie bleiben wird – als Zeichen des Respekts.

Schreiben Sie einen Kommentar